Brückenstrompreis jetzt! Wir brauchen jetzt eine Entscheidung!
Statt sich klar zum Industriestandort Deutschland zu bekennen und in die Transformation durchzustarten, werden wichtige Zukunftsentscheidungen vertagt. Ein zeitlich befristeter Brückenstrompreis muss auf den Weg gebracht werden, denn Investitionsentscheidungen werden unmittelbar entschieden oder später unterlassen. Jede Woche später ist zu spät für viele Unternehmen.
Wer jetzt nicht entscheidet, riskiert viel: Wettbewerbsfähigkeit geht verloren, die grüne Transformation ist in Gefahr und Beschäftigte müssen um ihren Arbeitsplatz bangen. Die gesamte industrielle Wertschöpfungskette in Europa droht nachhaltig Schaden zu nehmen. Ohne einen Brückenstrompreis ab 1. Januar 2024 sind weiterhin Arbeitsplätze und ganze Standorte bedroht.
Der Rhein-Kreis Neuss ist einer der bundesweit führenden Standorte der energieintensiven Aluminium-, Chemie- und Lebensmittelindustrie mit einer großen Anzahl von Arbeitsplätzen, die tarifgebunden sind. Deren Produkte werden für viele andere Wirtschaftszweige benötigt. Damit die energieintensiven Industrien eine grüne Zukunft auch im Rheinkreis haben, brauchen sie preisgünstigen grünen Strom. Dazu sind große Investitionen erforderlich. Diese Investitionen werden nur getätigt, wenn sicher ist, wie sich die Strompreise in den nächsten Jahren entwickeln. Es ist daher sinnvoll, den Strompreis für die Industrie vorübergehend staatlich abzusichern.
Im internationalen Vergleich ist der Strompreis für Industriebetriebe in Deutschland wesentlich höher als in anderen Ländern. In Deutschland zahlt die Industrie mehr als 13 Cent pro Kilowattstunde Strom, in Frankreich unter 5 Cent, in den USA oft sogar unter 4 Cent. Das Beispiel des Neussers "Rheinwerk" hat gezeigt, welche Folgen diese Entwicklung hat. In Zukunft wird wegen der hohen Strompreise kein Aluminium mehr produziert. Fast die Hälfte der 670 Jobs in Neuss fallen weg.
Zum Schutz der Beschäftigten fordert der DGB-Düsseldorf Bergisch Land daher eine befristete Deckelung des Industriestrompreises auf höchstens 5 Cent für 100 Prozent des Bedarfs. Unternehmen, die von einem subventionierten Strompreis profitieren, müssen verpflichtend eine Tarifbindung und Standortsicherung garantieren. Der Industriestrompreis muss so finanziert werden, dass er die anderen Verbrauchergruppen nicht belastet. Er soll daher aus dem sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds finanziert werden. Aus Sicht des DGB ist das ein guter Ansatz – so kann der Strombezug der Industrie unterstützt werden, ohne dass die Strompreise der anderen Verbraucherinnen und Verbraucher ansteigen. Nach Ansicht des DGB muss der Strommarkt tiefgreifend reformiert werden. Ein Beispiel dafür kann eine stärkere Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis sein.
Darüber hinaus muss deutlich geregelt sein, für welche energieintensiven Unternehmen eine Strompreisregulierung greifen soll. Auch kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe sind von hohen Stromkosten betroffen, etwa in der Lebensmittelindustrie oder im Dienstleistungsbereich. Diese Betriebe und Bereiche sind ebenso zu entlasten. Wenn Betriebe nicht mehr investieren oder abwandern, wird die Transformation hin zur klimaneutralen Produktion nicht gelingen.
Energieintensive Industrieunternehmen werden auch in Zukunft gebraucht. Es muss gelingen, diese Industriezweige in Deutschland klimaneutral umzubauen. Wenn diese Branchen aus Deutschland abwandern, hilft das dem Klimaschutz nicht und hat enorme negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung.
Sigrid Wolf Udo Fischer
DGB-Regionsgeschäftsführerin Vorsitzender Kreisverband Rheinkreis Neuss